Wie viel Schlaf braucht ein Kind fragen sich häufig nicht nur Eltern, deren Kinder oft nervös, überängstlich oder unruhig sind. Schließlich kann ein Schlafmangel einen erheblichen Einfluss auf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit des Kindes haben. Wie viel Schlaf braucht also ein Kind?
Wie viel Schlaf braucht ein Kind in den einzelnen Entwicklungsphasen?
Viele Ärzte und Wissenschaftler beschäftigen sich in der Schlafforschung mit dem Schlafbedarf von Kindern. Prof. Jürgen Zulley, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Uni Regensburg bestätigt, dass der Schlafbedarf bei Kindern individuell verschieden ist. Es gibt jedoch Richtwerte für den Schlafbedarf, an denen sich Eltern orientieren können.
in den ersten Lebenswochen | etwa 18 Stunden pro Tag |
4 bis 6 Monate | in der Nacht 9-10 Stunden am Tag zweimal für 2-2 ½ Stunden |
6 bis 12 Monate | in der Nacht 11 Stunden am Tag zweimal für 1-1 ½ Stunden |
2 Jahre | etwa 13 Stunden |
3 Jahre | etwa 12 Stunden |
4 Jahre | etwa 11 ½ Stunden |
5 Jahre | etwa 11 Stunden |
6 Jahre | etwa 10 ¾ Stunden |
7 Jahre | etwa 10 ½ Stunden |
8 Jahre | etwa 10 ¼ Stunden |
9 Jahre | etwa 10 Stunden |
10 Jahre | etwa 9 ¾ Stunden |
11 Jahre | etwa 9 ½ Stunden |
12 bis 13 Jahre | etwa 9 ¼ Stunden |
14 Jahre | etwa 9 Stunden |
15 Jahre | etwa 8 ¾ Stunden |
Quelle: Millpond Children’s Sleep Clinic
Zu beachten ist jedoch auch, dass auf die in der Schlafforschung ermittelten unterschiedlichen Schlaftypen Rücksicht genommen werden muss. Die sind nämlich auch schon bei Kindern recht ausgeprägt:
- Langschläfer
- Kurzschläfer
- Morgentypen
- Abendtypen
Wie wichtig ist die Zubettgehzeit?
Bei den Zubettgehzeiten der Kinder scheiden sich die Geister. Kleine Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren sollten zwischen 10 und 12 Stunden täglich schlafen. Ab dem Alter von 7 bis 12 Jahren reichen hingegen 10 bis 11 Stunden Schlafdauer.
Ebenso wichtig für die Kinder ist, neben der Schlafdauer, eine abendliche Zubettgeh-Routine. Kinderärzte empfehlen: Baden, Zähne putzen, ein Buch lesen und schlafen. So kommen die Kinder einfacher in das Land der Träume.
Doch wenn die Schlafenszeit näher kommt, nähert sich auch die Zeit des Diskutierens. Die meisten Kinder wollen noch etwas erleben und nicht schon die Augen schließen. Sie erfinden also viele gute Gründe, um keinen Mittagsschlaf halten oder am Abend nicht ins Bett zu müssen. Hat man sie dann endlich im Bett, bekommen sie Hunger, Durst oder plötzlich tut der Hals weh.
Doch die Japans Children’s cohort Study zeigt, Babys sind im Alter von 18 Monaten motorisch, sprachlich und sozial besser entwickelt, wenn sie vor 22 Uhr ins Bett gehen. Kinder zwischen 7 und 11 Jahren sollten zwischen 18 und 21 Uhr im Bett sein. So können sie dem Leistungsdruck in der Schule besser standhalten und haben weniger Probleme.
Fachleute betonen immer wieder, dass feste Schlafgewohnheiten für Kinder sehr wichtig sind. Während des Schlafens sammelt der Körper Energie und in den Träumen verarbeiten Kinder die Erlebnisse des Tages. Ein gesunder Schlaf ist für das seelische und körperliche Wohlbefinden des Kindes sehr wichtig.
So kann zum Beispiel chronischer Schlafmangel bei Kindern laut vieler Studien zu Übergewicht, Konzentrationsstörungen, Lernproblemen, Verhaltensauffälligkeiten, mangelndem Wachstum und kognitiven Verzögerungen führen. Dazu kommt, dass ein unausgeschlafenes Kind oft übellaunig ist.
Deshalb lohnt es sich, Kindern eine regelmäßige Schlafdauer angedeihen zu lassen.
Der Schlafbedarf im Kleinkind- und Vorschulalter
Groß und stark zu werden kann ganz schön anstrengend sein. Wenn ein kleines Kind nach einem abenteuerlichen Vormittag erschöpft in den Mittagsschlaf fällt, hat es sich diese Pause wirklich verdient. Doch braucht wirklich jedes Kind im Kleinkind– und Vorschulalter einen Mittagsschlaf?
Forscher um die Psychologin Karen Thorpe von der Queensland University of Technology haben in 26 Studien folgendes herausgefunden:
- In den ersten 5 Lebensjahren verschiebt sich der Schlafbedarf immer mehr in die Nacht
- Die Schlafmuster verändern sich
- In den ersten 18 Monaten schlafen Kinder in der Regel zweimal am Tag
- Zweijährige hören oft von allein mit dem Mittagsschlaf auf, ihnen sollte man anderweitig Ruhe gönnen
- Kinder, die älter als zwei sind, und tagsüber schlafen, haben am Abend Einschlaf- und Durchschlafprobleme
Einschlafprobleme: So werden sie gemeistert!
Von einem aufregenden Tag Abschied zu nehmen, fällt Kindern abends oft schwer. Diese Tipps können dabei helfen, dass das Kind ruhig und entspannt einschläft:
- Für eine wohlige Müdigkeit sorgen, in dem das Kind tagsüber viel Bewegung und frische Luft, aber auch geistige Anregung bekommt. Das hilft beim Einschlafen.
- Keine anregenden Getränke wie Cola am Abend servieren.
- Schwere Mahlzeiten sollten vor dem Schlafengehen gemieden werden. Zwischen dem Abendessen und dem Zubettgehen sollte noch gut ein Stunde Zeit liegen.
- Der Tag muss ruhig ausklingen. Eine Stunde vor dem Zubettgehen sollte wildes Toben und Spielen, aber auch Fernsehen oder Videospiele vermieden werden.
- Wenn das Kind gähnt, die Augen reibt oder überreizt wirkt, braucht es Schlaf.
- In der letzten halben Stunde vor dem Einschlafen sollten sich Eltern Zeit für das Kind nehmen. Ein regelmäßiges Einschlafritual ist sehr hilfreich.
- Eltern sollten stets ein offenes Ohr für das Kind haben. Jedes Kind muss das Gefühl haben, dass es mit all seinen Sorgen und Ängsten jederzeit zu den Eltern kommen kann. Abends können die Erlebnisse des Tages besprochen werden. Belastende Gespräche sollte man besser auf den Tag verlegen.
- Die Schlafdauer sollte regelmäßig sein. Bei der festgelegten Zubettgehzeit sollte Konsequenz walten. Ausnahmen, in Grenzen, darf es am Wochenende geben.
- Auf eine angenehme Schlafumgebung sollte geachtet werden. Die Einrichtung des Kinderzimmers ändert sich mit dem Alter, den Gewohnheiten und Vorlieben des Kindes. Die Wünsche des Kindes sollten Berücksichtigung finden.
- Das Kuscheltier oder Schlaftuch sollten immer griffbereit liegen.
- Lärm und helles Licht im Schlaf- und Kinderzimmer erschweren das Einschlafen. Generell sollte im Kinderzimmer Rauchverbot herrschen.
- Für Kinder, denen es besonders schwer fällt zur Ruhe zu kommen, gibt es Entspannungsübungen, wie Yoga, teilweise auch mit CD’s und Begleitmusik.
- Bei anhaltenden Schlafproblemen sollte kinderärztlicher Rat eingeholt werden. Niemals darf dem Kind ein Schlafmittel verabreicht werden.
Video: Die Wissenschaft erklärt, wie viel Schlaf du abhängig deines Alters wirklich brauchst
Wie viel Schlaf braucht ein Schulkind?
Nicht nur bei einem Schulkind kann der Schlafbedarf individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Manche Schulkinder sind morgens schon sehr aktiv, andere kommen erst viel später in die Gänge. Experten vermuten, dass es genetisch bedingt sein könnte, wie viel Schlaf ein Schulkind benötigt. Deshalb macht es wenig Sinn, gegen diese individuellen Schlafbedürfnisse anzukämpfen. Ähnliches gilt auch für die Schlafdauer. Selbst bei gleichaltrigen Kindern kann es große Unterschiede geben. Einige brauchen weniger Schlaf als andere. Wenn die Kinder am anderen Morgen ausgeschlafen sind und auch die körperliche und seelische Entwicklung normal verläuft, gibt es jedoch keinen Grund zur Sorge.
Doch für alle gilt, Schulkinder, die in einer Phase von körperlichen und geistigen Wachstumsprozessen stecken, benötigen ausreichend erholsamen Schlaf, um sich gesund zu entwickeln. Doch viele Schulkinder leiden an Schlafproblemen und Schlafmangel. So können Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, damit diese ausreichend Schlaf erhalten:
1. Kontrolle des Mediengebrauches wie Internet, Fernseh und Spiele
2. Die Bettzeiten an den kindlichen Schlafbedarf anpassen
3. Die Schlafhygiene verbessern (Gestaltung der Schlafumgebung, Licht und Lärm dämpfen, die richtige Matratze und Einschlafrituale)
Der Schlaf hat einen enormen Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit des Kindes. Deshalb sollten Diskussionen in Bezug auf die oben genannten Punkte, zum Wohle des Kindes, billigend in Kauf genommen werden.
Auswirkungen von Schlafqualität und Schlafquantität
Kinder und Jugendliche haben eine andere biologische Uhr als Erwachsene. Zwischen halb sieben und sieben Uhr morgens ist der jugendliche Körper auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt, sodass ein problemloses Aufstehen kaum möglich ist. Schulkinder in der Pubertät haben ein noch höheres Schlafbedürfnis, aufgrund der Entwicklungsschübe. Doch das Problem löst sich nicht damit, dass die Kinder früher ins Bett geschickt werden. Aufgrund der verschobenen Schlafrhythmen liegen sie zwar früher im Bett, schlafen aber erst viel später ein. So fehlen von den neun bis zehn Stunden Schlaf, die ein junger Mensch braucht, ein bis zwei Stunden.
Die Folgen des frühen Aufstehens sind:
- Appetitlosigkeit
- Konzentrationsschwäche
- Trägheit
Darüber hinaus werden die Gesundheit und die schulischen Leistungen beeinträchtigt und eine mögliche Unaufmerksamkeit auf dem Schulweg kann gefährlich werden.
Nach Meinung von Experten ist der frühe Schulbeginn an den meisten Schulen daran Schuld. Studien haben gezeigt, dass sich Gesundheit, Essverhalten, Leistungen und Motivation der Schüler bei späteren Schulbeginn deutlich verbessern. Bei Jugendlichen verhindert eine verzögerte Bildung des Hormons Melatonin, dass sie rechtzeitig müde werden. Viele Schulkinder in der Pubertät gehen daher erst nach zwölf ins Bett und können trotzdem nicht einschlafen.
Die Ursachen für das ungewöhnliche Schlafbedürfnis der Jugendlichen sind komplex: Das Hormon Melatonin spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung des Schlafbedarfes, weil es bei Dunkelheit produziert wird. Melatonin macht müde und passt den Schlafrhythmus an die Tageszeiten an. Reine Stubenhocker und Computerfreaks, die selten ins Freie gehen, leiden deshalb besonders häufig unter Müdigkeit. Sobald das Auge Licht wahrnimmt, wird die Produktion des Hormons gehemmt. Helles Licht als biologischen Wecker einzusetzen ist daher sehr wichtig, denn Helligkeit wirkt aktivierend.
Quelle: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SCHLAF/Wieviel-Schlaf.shtml
Warum ist ausreichend Schlaf für Kinder so wichtig?
Der Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Universität Regensburg, Jürgen Zulley, erklärt, warum ein erholsamer und ausreichender Schlaf für Kinder wichtig ist. Schlaf ist die Grundvoraussetzung für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung von Kindern.
In einem direkten Zusammenhang mit der Schlafdauer und -tiefe stehen das Gedächtnis und die Konzentration. Schlafen ist wichtig für das Lernen und die Funktionen des Gehirns. Vieles, was wir am Tag sehen, hören oder lernen wird im Schlaf erneut ausgewertet, verarbeitet und gespeichert. Auch Bewegungsabläufe, wie das Radfahren oder Schwimmen, werden im Schlaf wiederholt und gefestigt. Die Dauer des Schlafes bei Kindern hat einen großen Einfluss auf ihre Leistungsfähigkeit. Kinder, die unter Ein- und Durchschlafstörungen leiden, sind häufiger verhaltensauffällig. Zu wenig Schlaf bei Kindern steht in einem engen Zusammenhang mit Hyperaktivität und Impulsivität. Schlafmangel kann sich auch auf das Wachstum von Kindern auswirken. Gerade in der Pubertät wird das Wachstumshormon Somatropin am stärksten im Schlaf ausgeschüttet. Die Tiefschlafphase hat für das Wachstum bei Kindern die größte Bedeutung. Bei fehlendem Schlaf sind auf lange Sicht Wachstumsstörungen die Folge. Ein ausgeglichener Schlaf-Wach-Rhythmus hat positive Auswirkungen auf das Immunsystem des Kindes. Bei längerem Schlafmangel ist das Kind anfälliger gegenüber Infekten.
Die Frage “Wie viel Schlaf braucht ein Kind?” lässt sich also nicht pauschal beantworten, sondern hängt von den individuellen Bedürfnissen des Kindes ab.
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