Das Betreuungsgeld ist eine Art Erziehungsgehalt für Mütter und Väter, die ihr Kind nicht in eine Kindertagesstätte geben. Spöttisch wird diese Regelung als Herdprämie bezeichnet. Was steckt dahinter und wie viel Geld erhalten Familien?
Herdprämie: So viel Geld erhalten Eltern in Bayern
Bayern geht eigene Wege in Sachen Herdprämie. Was die Bewohner des Freistaates ab September 2018 erwartet und wie viel Geld ausgezahlt wird, erfahren Interessenten hier.
- Wie hoch ist das bayerische Betreuungsgeld?
- Wer hat einen Anspruch und wie lange wird die „Herdprämie“ ausgezahlt?
- Wo beantragt man die Unterstützung?
- Wer hat keinen Anspruch auf das Zusatz-Geld?
Herdprämie: Politisch umstritten, in Bayern seit September 2018 Realität
Das Bayerische Familiengeld wird seit September diesen Jahres ausgezahlt: Für das erste und zweite Kind betragen die Leistungen 250 Euro pro Monat. Ist ein drittes da, werden je Kind 300 Euro monatlich überwiesen. Kleine Einschränkung: Geld fließt nur, wenn die Kinder nach dem 1. Oktober 2015 geboren wurden.
Warum gibt es diese finanziellen Hilfen? Die abwertend Herdprämie genannte Regelung wurde von der in Bayern regierenden CSU beschlossen. Sie soll Erziehungsleistungen von Eltern anerkennen. Also in Form von einem Erziehungsgehalt oder Erziehungsarbeit. Außerdem soll es eine „Wahlfreiheit“ geben. Das bedeutet: Eltern sollen am besten selbst entscheiden, ob der Nachwuchs zuhause erzogen oder in einer Kindertagesstätte (Kita) betreut wird.
Darum ist die Opposition gegen das Betreuungsgeld
Die Opposition aus SPD und Grünen setzt eher auf den Ausbau von Betreuungsplätzen und eine frühere bundesweite Regelung wurde vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Da viele Mütter heute berufstätig sind, würde die Betreuung zu Hause nicht mehr in die gesellschaftliche Realität passen. Deshalb der abwertende Begriff der Herdprämie. An Stelle des Bayerischen Betreuungsgeldes könnte man laut SPD zehntausende neue staatliche Betreuungsplätze schaffen.
Die offiziell als Familiengeld bezeichnete Unterstützung wird zwar auch an berufstätige Mütter ausgezahlt, doch die bayerische Opposition sieht trotzdem einen Versuch, junge Mamas von der Berufstätigkeit abzuhalten und auch deshalb wird das bayerische Zusatz-Geld gerne immer noch als Herdprämie bezeichnet.
Video: Bayerisches Betreuungsgeld beschlossen – Bayern
Herdprämie: Wer hat Anspruch und wie lange wird das Geld ausgezahlt?
Alle Eltern von ein- bis zweijährigen Kindern. Das bedeutet künftig ab dem 13. Lebensmonat bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats. Je Kind haben Eltern mit der Herdprämie die Möglichkeit, zwischen 6.000 Euro und 7.200 Euro in einem Zeitraum von 24 Monaten zu bekommen.
Einen Anspruch auf Familiengeld (Betreuungsgeld) gibt es, wer:
- die Hauptwohnung oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern besitzt
- mit dem Kind im Haushalt zusammen lebt
- das Kind auch selbst erzieht.
- „Selbst erziehen“. Das heißt nicht, den Nachwuchs ständig selbst zu betreuen. Das Geld kann auch erhalten, wer sein Kind eine Kita besuchen lässt
Positiv: Mit der Auszahlung des neuen bayerischen Familiengeldes ab September 2018 erhalten Familien mit kleinen Kindern, welche zwei Jahre Familiengeld beziehen, im Ganzen mehr Geld als vorher mit dem bekannten Betreuungsgeld und dem Landeserziehungsgeld zusammen.
Da es sich um eine in der Regel einkommensunabhängige Auszahlung handelt, können sich künftig alle Eltern auf das Zusatz-Geld freuen. Die am 1. September 2018 in Kraft getretene Regelung betrifft ungefähr eine Viertelmillion Kinder im Freistaat.
Wo beantragt man das Betreuungsgeld?
Oft ist gar kein Antrag notwendig. Wenn zum Beispiel mindestens ein Elternteil schon Elterngeld beantragt und auch bewilligt bekam, muss nicht erneut ein Antrag gestellt werden. Das bedeutet: Antrag auf Elterngeld = Antrag auf Familiengeld oder Betreuungsgeld.
Folge: Die meisten Familien in Bayern erhalten also eine automatische Auszahlung.
Online-Antrag beim ZBFS (Zentrum Bayern Familie und Soziales) stellen
Für alle, die kein Elterngeld beantragt haben, ist ein Online-Antrag möglich. In der Regionalstelle des Zentrum Bayern Familie und Soziales.
Adresse ZBFS: Online-Antrag beim ZBFS stellen
Schneller zum Familiengeld kommen? 7 Tipps des ZBFS
- Tipp: Wie sieht die Lebensplanung nach der Geburt aus? Unter Umständen kann ein Kombination mit dem bundesweit gültigen ElterngeldPlus die bessere Variante sein.
- Tipp: Nicht vergessen: Elterngeld bzw. Betreuungsgeld abhängig vom Geburtstag des Kindes. Und zwar nach den Lebensmonaten des oder der Kleinen. Eine Zahlung pro Monat betrifft also den Zeitpunkt vom Geburtstag des Kindes in einem Kalendermonat und dem jeweiligen Tag vorm Geburtstag im Folgemonat. Unbedingt vor Antragsstellung beachten.
- Tipp: Antrag online stellen bringt zeitliche Vorteile: www.elterngeld.bayern.de
- Tipp: Schon vor Geburt den Antrag ausfüllen und nicht erst die Niederkunft abwarten. Bis zu sechs Wochen vorher ist die Online-Registrierung möglich. Alles schon eintragen und nur noch den exakten Geburtstermin abwarten.
- Tipp: Den Elterngeld-Rechner benutzen, um die exakte Höhe der Herdprämie zu berechnen. Elterngeld-Rechner
- Tipp: Servicetelefon für eine schnelle unbürokratische Hilfe nutzen. Für alle Fragen rund ums Familiengeld.
- Tipp: Die richtigen Unterlagen zusenden!
Im Zweifel telefonisch unter der Nummer 0931 32090929 klären, was genau benötigt wird. So erhalten Interessenten auch einen Hinweis, für welche Zeit zum Beispiel Gehaltsabrechnungen oder auch Steuerbescheide notwendig sind.
Herdprämie: Gibt es Familien, die keinen Anspruch auf das Zusatz-Geld haben?
Ja, im Moment wird das Familiengeld nur dann an Bezieher von Arbeitslosengeld 2 (Hartz 4) ausgezahlt, wenn diese in einer sogenannten Optionskommune leben.
Aktuell profitieren nur Familien mit Kindern, wenn diese in:
- Ingolstadt,
- Schweinfurt,
- Erlangen und Kaufbeuren
- oder in den Landkreisen Würzburg,
- Ansbach,
- München,
- Miesbach,
- Günzburg
- und Oberallgäu zu Hause sind.
Alleine diese Tatsache benachteiligt natürlich ärmere bayerische Familien, die nicht in den genannten Kommunen und Landkreisen leben und birgt auch sozialpolitischen Sprengstoff. Denn es ist schlicht ungerecht. Der Hintergrund: Optionskommunen sind selbst für die Auszahlung der auch als Hartz 4 bekannten Leistungen verantwortlich und eben nicht wie in den anderen Regionen die bundesweit tätigen Jobcenter.
Das bedeutet: Die oben genannten Optionskommunen befinden sich also in „bayerischer Hand“ und zahlen deshalb auch zusätzlich zum ALG II die jeweils vereinbarten Mittel aus.
Wie genau das Geld verrechnet wird, genau darüber gibt es dann auch Streit zwischen dem SPD-geführten Bundesministerium für Soziales und der bayerischen Staatsregierung. Der Bund verlangt, dass die Herdprämie auf soziale Leistungen entsprechend dem Sozialgesetzbuch II angerechnet wird, die bayerische Regierung möchte hingegen das Familiengeld komplett auszahlen. Damit unabhängig davon, ob eine Familie von Hartz 4 lebt oder nicht.
Fazit:
Die Diskussion um die Herdprämie bleibt aktuell und das letzte Wort ist gerade für die Bezieher staatlicher Leistungen noch nicht gesprochen. Ob diese wirklich längerfristig zusätzliche finanzielle Leistungen erhalten, bleibt unsicher. Grundsätzlich betrachtet ist das Familien- oder Betreuungsgeld ein exklusives Angebot für bayerische Familien, die naturgemäß von den meisten Beziehern auch begrüßt wird.
Es ist Ausdruck der Wirtschaftsstärke des Freistaats, wenn so großzügig wie nirgends sonst in Deutschland Gelder ausgezahlt werden. Freilich: Viele Menschen in den Wachstumsregionen wie dem Großraum München sind auch auf Hilfen angewiesen. Normalverdiener können sich in der Landeshauptstadt schon längst keine Wohnung mehr leisten. Auch wenn dieses Geld natürlich nicht dazu gedacht ist, Kosten für die Wohnung zu bezahlen, könnten Bezieher genau dies machen. Das wäre zumindest eine positive Auswirkung, um Familien mit ihrem Nachwuchs in den Zentren der Boom-Städte Oberbayerns zu behalten.
Denn das ist die Kehrseite des Booms: Was nützen die besten Jobs, wenn man sich nicht einmal mehr eine Wohnung leisten kann. Aus diesem Grund kann man selbstverständlich Verständnis für das Verhalten der bayerischen Staatsregierung aufbringen, die Bürger mit einem Familiengeld zu entlasten. Aber der Teufel steckt eben im Detail und wenn es noch nicht einmal gelingt, innerhalb Bayerns für gleiche Verhältnisse beziehungsweise finanzielle Zuschüsse zu sorgen, wie soll das erst in Deutschland funktionieren?
Wie auch immer: Die Bürger freut es und die Politik kann sich mit der Herdprämie von der spendablen Seite zeigen. Auch um den Preis, dass dieses Familiengeld eventuell sogar noch vom Bundesverfassungsgericht endgültig gekippt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt profitieren die Bürger des Freistaates von den oben erwähnten finanziellen Zuwendungen für kleine Kinder. Erziehungsgehalt oder Erziehungsarbeit: Egal, wie man diese Herdprämie auch bezeichnet, ist sie doch ein warmer Geldregen für junge Familien. Nicht jeder verfügt über ein hohes Einkommen und gerade die kleinen Wähler sind froh, etwas vom Kuchen abzubekommen. Weitere Entscheidungen und Änderungen bei diesem Thema sind natürlich nicht ausgeschlossen und auch die Parteien bleiben uneins über die Bewertung dieser Zuwendung.
Resümee: Gesellschaftspolitisch wird man kaum auf einen Nenner kommen, weil das Familiengeld von der bayerischen Opposition immer noch als Maßnahme gesehen wird, die Frauen bei der Erziehung der Kinder zu Hause zu lassen. Dieser Vorwurf hat dem Betreuungsgeld den Namen „Herdprämie“ eingebracht, obwohl ja inzwischen auch für berufstätige Frauen vorgesehen ist. Wie auch immer: Eine letztendlich abschließende Regelung, die vom Bund und auch vom Bundesverfassungsgericht, der höchsten richterlichen Instanz in Deutschland, akzeptiert wird, ist bis heute noch nicht gefunden. Die Diskussionen zu diesem hochemotionalen Thema dürften auch in Zukunft spannend bleiben.
Denn schließlich ist diese Herdprämie eine Maßnahme, von der ausschließlich Bürger in Bayern profitieren. Das kann also in erheblicher Weise die Interessen von Bund und Ländern beziehungsweise vor allem das Gleichheitsprinzip betreffen. Denn den Zuschuss bekommen auch viele Empfänger von Arbeitslosengeld II (jedenfalls in den sogenannten Optionskommunen) und dieses Geld wiederum stammt aus Bundesmitteln und kann deshalb nicht so ohne weiteres als Landeszuschuss an Familien mit Kindern ausgezahlt werden. So jedenfalls die Argumentation des Bundes. Weitere Meldungen zu diesem Thema sind vorprogrammiert, ein Ende der Debatte vorerst nicht zu erwarten.
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